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Präsidentschaftswahlen in Iran Ahmadinejad arbeitet am Comeback

Irans Ex-Präsident Mahmoud Ahmadinejad bereitet sich auf eine Rückkehr in die Politik vor. Ausgerechnet die noch bestehenden US-Sanktionen könnten ihn wieder an die Macht bringen.
Von Mohammad Reza Kazemi
Mahmoud Ahmadinejad

Mahmoud Ahmadinejad

Foto: Sven Hoppe/ picture alliance / dpa

"Man spürt keine Änderung im Alltag. Lebensmittelpreise und Mieten sind immer noch sehr hoch", sagt Manizheh Moghaddam, eine 55-jährige Frau aus Teheran, über die wirtschaftliche Situation Irans nach dem Nuklearabkommen mit dem Westen. Die jüngsten Zahlen des iranischen Zentrums für Statistik bestätigen ihren Eindruck. Zwar hat die Regierung es zwischenzeitlich geschafft, die Inflation drastisch zu drücken, die Preise sind aber in den vergangenen Monaten wieder um mehr als zehn Prozent gestiegen.

Das Ende der Sanktionen und die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gehörten 2013 zu den Wahlversprechen von Hassan Rohani, dem iranischen Präsidenten. Schließlich hatte das internationale Embargo Irans Wirtschaft gelähmt. Die Währung verlor drastisch an Wert, viele Firmen gingen bankrott, Fabriken wurden stillgelegt. Nach intensiven Verhandlungen wurde das Nuklearabkommen im Juli 2015 unterschrieben, und im Januar dieses Jahres wurden die Sanktionen endlich aufgehoben - zumindest auf dem Papier.

In der Praxis hat sich bisher aber nichts Wesentliches geändert. Nach Angaben der iranischen Regierung hat Teheran nur drei von etwa hundert Milliarden Dollar an Öl-Einnahmen bekommen, die in den vergangenen Jahren wegen der Sanktionen bei internationalen Banken blockiert worden waren. Noch wichtiger als das: Viele internationale Banken und Firmen schrecken weiterhin davor zurück, mit Iran Geschäfte zu machen, aus Angst vor möglichen Strafen der US-Regierung, denn Washingtons unilaterale Sanktionen gegen Teheran sind immer noch in Kraft.

Mahmoud Ahmadinejad bricht sein Schweigen

Von diesem Dilemma profitieren die innenpolitischen Gegner von Präsident Rohani, allen voran ein alter Bekannter: Mahmoud Ahmadinejad. Seit dem Ende seiner Amtszeit 2013 hatte er sich komplett zurückgezogen und geschwiegen.

Wenn Journalisten ihn gelegentlich doch erwischten und nach seiner Meinung zu den aktuellen Entwicklungen fragten, wich er aus. Schließlich erinnerten sie ihn oft an seine Fehler: die katastrophalen Folgen der Uno-Resolutionen gegen Iran, die er einst "zerfetzte Papiere" nannte, die Verurteilung seines Vizes, Mohammad Reza Rahimi, zu fünf Jahren Haft wegen Korruption und vieles mehr.

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Was wurde aus...: Mahmud Ahmadinedschad

Foto: Vahid Salemi/ AP

Aber in den vergangenen Monaten hat Ahmadinejad sein Schweigen gebrochen. Er tritt nun öfter in der Öffentlichkeit auf. Auf die Frage, ob er für die nächsten Präsidentschaftswahlen kandidieren werde, die voraussichtlich im Juni kommenden Jahres stattfinden, antwortete er vor kurzem: "Wir werden uns 2017 sehen, so Gott will!" Nun reist er von Stadt zu Stadt und hält Reden, die von einer Menge Verschwörungstheorien geprägt sind.

Inzwischen traut er sich auch, zumindest indirekt, über das Atomprogramm zu sprechen, denn die anfängliche Euphorie vieler Iraner über das Nuklearabkommen lässt langsam nach. In seiner jüngsten Rede in der Stadt Amol kritisierte er die westlichen Mächte, nicht nur weil sie "in ihren Laboren Mikroben entwickeln, um ihre Impfstoffe zu verkaufen", sondern auch wegen ihres "Monopols" auf die Nuklearenergie: "Wenn sie die Kernwissenschaft verbreitet hätten, hätten wir nicht so viele Probleme mit der Umweltverschmutzung," behauptete Ahmadinejad.

Hat er überhaupt Chancen, ein drittes Mal Präsident zu werden?

"Gott möge sich unser erbarmen!", schreiben viele Iraner in den sozialen Netzwerken über ein mögliches Comeback. Als "Albtraum" bezeichnen die Kritiker die Ära des ehemaligen Präsidenten, der mit seiner aggressiven Atompolitik Iran in eine beispiellose Isolation und die wirtschaftliche Krise führte.

Experten weisen außerdem darauf hin, dass sich Ahmadinejad zum Ende seiner Amtszeit gegen Revolutionsführer Ajatollah Khamenei und die Revolutionswächter gestellt habe. Daher sei seine politische Karriere vorbei.

Dem widerspricht Sadegh Sibakalam, Professor für Politikwissenschaft an der Teheraner Universität. Er weist darauf hin, dass die Konservativen keinen anderen konkurrenzfähigen Kandidaten hätten. Ahmadinejad sei in kleineren Städten, ländlichen Gebieten und unter weniger ausgebildeten Menschen noch immer populär. Falls sich die wirtschaftliche Situation des Landes bis zu den nächsten Wahlen nicht wesentlich verbessern werde, dann würden die Chancen Ahmadinejads weiter steigen, so der Politikwissenschaftler.

Und natürlich kennt Ahmadinejad eine populistische Lösung für die ökonomischen Probleme: Gerüchten zufolge möchte er die staatlichen Subventionen, die seit einigen Jahren als Bargeld an die Bürger ausgezahlt werden, mehr als verfünffachen. Die Erfahrung zeigt, dass die negativen wirtschaftlichen Konsequenzen ihm egal sind, solange er dadurch seine politischen Ziele erreicht.


Zusammengefasst: Mahmoud Ahmedinejad kokettiert mit einer Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2017. Er will davon profitieren, dass in Iran die Euphorie über das Atomabkommen schwindet. Die wirtschaftliche Lage ist weiterhin schwierig - auch, weil die USA ihre unilateralen Sanktionen gegen Teheran aufrechterhalten.