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Freiburg zurück in der Bundesliga Jung, arm, aufgestiegen

Abgestiegen, fast alle Leistungsträger weg - das hat den SC Freiburg und Trainer Christian Streich nicht daran gehindert, sofort in die Bundesliga zurückzukehren. Das krasse Gegenbeispiel: Paderborn.
Trainer Christian Streich und seine Mannschaft

Trainer Christian Streich und seine Mannschaft

Foto: Stuart Franklin/ Bongarts/Getty Images

Es dauerte eine Weile, bis Christian Streich ein paar Worte zum Spiel loswerden konnte. Vorher galt es, zusammen mit den Spielern und den Fans den 2:1-Sieg in Paderborn zu feiern.

Denn der SC steht schon jetzt als sicherer Aufsteiger fest - weder Leipzig noch Nürnberg können den Tabellenführer noch auf den Relegationsplatz verdrängen. Ein Team, das im Sommer so gut wie alle seine Leistungsträger verlor und weit über zehn Millionen Transferüberschuss erlöste, ist sofort wieder aufgestiegen.

"Wir gewinnen gerade Auswärtsspiele, die wir in der letzten Bundesligasaison allesamt verloren hätten", erinnerte Streich an die Abstiegssaison, in der man mehr Pech hatte, als man als Team aus der unteren Tabellenhälfte kompensieren kann.

Kaum hatte Streich diesen Satz beendet, schaute er überrascht zur Tür des Presseraums. Verhindern konnte er das, was von dort auf ihn zukam, nicht: Mittelfeldmann Vincenzo Grifo übergoss seinen Coach mit einem Becher Bier. Hinter den beiden Trainern tanzten gut zwei Dutzend glückliche Freiburger Spieler. Streich zeigte auch in dieser Stunde des Triumphs Größe und unterbrach den Jubel seiner Profis: "Und jetzt haut ab. Der andere Trainer muss noch was sagen, die kämpfen gegen den Abstieg. Geht raus!" Anschließend entschuldigte er sich bei Müller für die Respektlosigkeit.

Die Freiburger Spieler feierten einfach draußen weiter. "Ich muss erst noch realisieren, was gerade passiert ist", sagte Mittelfeldmann Amir Abrashi. "Das ist aber auch wirklich ein fantastisches Jahr gewesen."

Tatsächlich verlief die Vorrunde wie im Rausch - als spielerisch bestes Team der Liga ging man mit drei Niederlagen und acht Punkten Vorsprung auf einen Nichtaufstiegsplatz in die Winterpause. In der Rückrunde agierte der SC insgesamt weniger stabil und zeigte zuweilen ähnlich wacklige Auftritte wie jetzt in Paderborn. Nur die Ergebnisse, die stimmten. Zehn der letzten elf Spiele wurden gewonnen, 31 von 33 Zählern geholt.

Freiburger Spieler feiern den Aufstieg

Freiburger Spieler feiern den Aufstieg

Foto: Ina Fassbender/ dpa

"Freiburg ist die beste Mannschaft der Liga und verdientermaßen aufgestiegen", bilanzierte dann auch SCP-Coach René Müller am Freitag. Und Freiburgs Präsident Fritz Keller betonte, es sei "nicht selbstverständlich, mit so einer jungen Mannschaft aufzusteigen." Während Keeper Alexander Schwolow "eine schlaflose Nacht" ankündigte, "alles andere wäre jetzt enttäuschend", wollte es Keller bei "einem Viertele" belassen und fand insgesamt sehr nüchterne Worte: "Wir wissen, wie sich die Paderborner jetzt fühlen, schließlich ging es uns in der vergangenen Saison genauso."

Der SCP - man hat das fast schon vergessen - ist vergangene Saison zusammen mit dem Sportclub aus der Bundesliga abgestiegen. Er belegt nach dem 1:2 den letzten, Freiburg den ersten Tabellenplatz. Und auch wenn die Leistungen besser wurden, seit mit René Müller der dritte Coach in einer Saison das Sagen hat, am Negativbeispiel der Paderborner und der oft einsamen, aber selten glücklichen Entscheidungen ihres Vorstands kann man spiegelbildlich sehen, was der SC alles richtig gemacht hat.

Zunächst mal das Offensichtlichste: Der SC stieg nicht nur mit Streich ab - der Gedanke, man könne nach dem Abstieg ja mal den Trainer wechseln, wäre den SC-Verantwortlichen so absurd vorgekommen wie die Forderung, Cristiano Ronaldo zu verpflichten.

Nils Petersen (r.) trifft in Paderborn

Nils Petersen (r.) trifft in Paderborn

Foto: Stuart Franklin/ Bongarts/Getty Images

Beim SC Freiburg, der auch auf der Geschäftsstelle und im Nachwuchsbereich mit vergleichsweise wenigen Mitarbeitern auskommt, haben sich zudem diesen Sommer alle wichtigen Transfers als Volltreffer erwiesen. Kein Zufall: Das Scouting ist nicht nur gewissenhaft, sondern fast schon pedantisch. Immer wieder berichten Spieler, wie sehr es ihnen beim ersten Gespräch mit den SC-Verantwortlichen geschmeichelt hat, dass die ihnen - weil sie oft über Jahre beobachtet wurden - Spielszenen schildern können, die sie selbst schon beinahe vergessen haben.

Dabei ist natürlich auch bei den Freiburgern noch Luft nach oben. Vor allem in der Defensive dürfte man in der ersten Liga nicht ohne Verstärkungen auskommen, die Spieleröffnung aus dem Zentrum hat Luft nach oben. Und geradezu traditionell fehlt dem Freiburger Spiel manchmal die Körperlichkeit. Doch das alles waren in den zurückliegenden 31 Spielen Luxusprobleme einer Mannschaft, die schon nach wenigen Spielen von sehr vielen Zweitligatrainern zur besten Mannschaft des Wettbewerbs erklärt wurde. Sie haben recht behalten.