Zum Inhalt springen
SPIEGEL ONLINE

Henriette Reker vor Gericht "Ich bin sofort zu Boden gegangen"

Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf trifft Henriette Reker erstmals auf ihren Attentäter. Über die Tat sagte die Kölner Oberbürgermeisterin: "Ich hatte große Sorge, dass ich gelähmt sein könnte."

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat im Prozess gegen ihren Attentäter erstmals ausgesagt. "Ich bin sofort zu Boden gegangen und habe gemerkt, dass ich aus Mund und Nase blute", sagte sie vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht über den Messerangriff vom 17. Oktober vergangenen Jahres.

Reker war einen Tag vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin von dem 44-jährigen Frank S. niedergestochen worden. Der arbeitslose Maler und Lackierer hatte ihr ein Jagdmesser in den Hals gerammt. "Ich hatte große Sorge, dass ich gelähmt sein könnte", sagte Reker nun über den Vorfall.

Vom Gericht nach den Spätfolgen des Attentats befragt, gab die Juristin zwar an, sie habe "keine Angst vor großen Menschenmengen". Allerdings berichtete sie zugleich von "schlimmen Albträumen": Sie habe das Gefühl gehabt, ihr sei die Kehle durchgeschnitten worden. Seitdem träume sie von einer Hinrichtung: "Ich träume zum Glück immer nur bis zu der Stelle, bis mir die Kapuze über den Kopf gezogen wird."

Laut ihren Ärzten habe sie sehr viel Glück gehabt, dass das Messer die Halsschlagader und den Spinalkanal verfehlt habe. Die Klinge habe einen Wirbelkörper des zweiten Brustwirbels gespalten und ihre Luftröhre durchtrennt. Wegen anhaltender Beschwerden im Hals solle sie noch einmal operiert werden.

"Die Konfrontation mit dem Attentäter ist kein Problem"

Der Täter habe nach ihrem Eindruck "in Sekundenschnelle" ein Messer gezogen und sofort gezielt zugestoßen, nachdem er zuvor "sehr freundlich" um eine Rose gefragt habe. Die Ärzte hätten ihr gesagt, die Klinge müsse sehr scharf gewesen sein. Der Angeklagte hatte behauptet, sie sei "total stumpf" gewesen. Bis heute habe der Täter kein Wort der Reue oder des Bedauerns an sie gerichtet. Das Angebot des Verteidigers, sein Mandant würde sofort einige entschuldigende Worte an sie richten, lehnte Reker ab. Dafür sei noch nicht der richtige Zeitpunkt.

Der Angeklagte hatte die Tat vor einer Woche vor Gericht gestanden, bestreitet aber eine Tötungsabsicht. Er habe gegen Rekers Flüchtlingspolitik ein Zeichen setzen wollen, hatte er ausgesagt: "Ich habe das als letzte Möglichkeit gesehen, etwas zu bewegen." Die parteilose Politikerin war damals für die Unterbringung der Flüchtlinge in Köln zuständig.

Reker zeigte sich vor dem ersten Zusammentreffen mit ihrem Attentäter vor Gericht gefasst. "Die Konfrontation mit dem Attentäter im Gerichtssaal ist für mich kein Problem", sagte sie vor ihrer Zeugenaussage.

Die Bundesanwaltschaft wirft Frank S. versuchten Mord und Körperverletzung vor. Demnach attackierte S. sein Opfer "als Repräsentantin einer von ihm abgelehnten Ausländer- und Flüchtlingspolitik".

In dem Prozess muss der 6. Strafsenat unter Vorsitz der Richterin Barbara Havliza ergründen, ob der Angriff auf Reker das Werk eines Extremisten oder eines psychisch Kranken war. Das Gericht hat den Essener Psychiater Norbert Leygraf mit einem Gutachten über die seelische Verfassung des Angeklagten und über die Frage nach seiner Schuldfähigkeit beauftragt.

mxw/dpa/AFP