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Anfeindungen gegen Leipzig-Profi Orban "Neue Dimension der Geschmacklosigkeit"

18 Jahre lang spielte Willi Orban für Kaiserslautern, ehe er im Sommer nach Leipzig wechselte. Bei seiner Rückkehr wurde er zum Ziel der FCK-Fans. RB-Coach Ralf Rangnick ist empört.
RB-Profi Willi Orban (l)

RB-Profi Willi Orban (l)

Foto: Uwe Anspach/ dpa

"Das Spiel wird noch ein paar Tage für Gesprächsstoff sorgen", sagte Konrad Fünfstück nach dem 1:1 gegen RB Leipzig. Kaiserslauterns Trainer wusste, was die Stunde geschlagen hatte.

Er meinte damit nicht das Ergebnis, das kurz nach dem Schlusspfiff schon fast schon Nebensache war. Sondern das, was auf den Rängen und auf dem Platz passiert war.

Alles drehte sich um RB-Verteidiger Willi Orban, und das nicht nur deshalb, weil der frühere Lauterer in der 63. Minute mit Gelb-Rot vom Feld gestellt worden war. Der 23-Jährige gab nach dem Spiel zu, dass man beim zweiten Foul "Gelb geben kann". Orban konnte einem an diesem Abend leidtun, es ist nicht schön, bei einer Hexenjagd die Hexe zu sein.

"Alle auf die Vier", skandierte die Lauterer Westkurve schon vor dem Anpfiff gegen den Mann, der 18 Jahre beim FCK gekickt hatte, ehe es ihn im Sommer nach Sachsen zog. Seither gilt er dem Publikum in seiner Geburtsstadt als Fahnenflüchtiger.

Ein Transparent mit Orban-Konterfei im Fadenkreuz war zu sehen, bei jedem Ballkontakt wurde er ausgepfiffen, ehe der Platzverweis ihn erlöste. Er habe "damit gerechnet, dass so etwas passieren kann", sagte Orban nach der Partie gelassen über die Anfeindungen, die nun auch den DFB beschäftigen. Der Kontrollausschuss hat bereits angekündigt, in der Angelegenheit zu ermitteln.

"Dazu fällt mir nichts mehr ein"

RB-Coach Ralf Rangnick sah angesichts all dessen - nicht zum ersten Mal - eine "neue Dimension der Geschmacklosigkeit". Orban habe "seit seinem fünften Lebensjahr für diesen Verein die Knochen hingehalten. Wenn das dann der Dank dafür ist, fällt mir dazu nichts mehr ein", sagte Rangnick.

Anfeindung gegen RB Leipzig gab es in der Vergangenheit viele. Teile der Fans von Erzgebirge Aue hatten im Februar 2015 Banner mit Nazivergleichen hochgehalten und Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz in Nazi-Uniform abgebildet. Später hatten bei einer Partie in Karlsruhe KSC-Fans einen Trikot-Rücktausch gefordert, nachdem Profis beider Mannschaften nach Abpfiff die Jerseys getauscht hatten.

Während viele Fußballfans Proteste wie am Montag in Kaiserslautern als "heuchlerischen, läppischen, unreflektierten Populismus" empfinden, wie es Lautern-Fan Marcel Reif der "Leipziger Volkszeitung" gesagt hatte, hält eine wohl mindestens gleich große Zahl die Proteste (nicht unbedingt immer deren Form) für gerechtfertigt. Nationalspieler wie Mario Götze oder Manuel Neuer müssen bei ihrer Rückkehr nach Dortmund oder Gelsenkirchen ähnliche Anfeindungen über sich ergehen lassen.

Anti-RB-Plakate in Kaiserslautern

Anti-RB-Plakate in Kaiserslautern

Foto: Uwe Anspach/ dpa

Es mag zwar albern sein, alles, was einem am durchkommerzialisierten Fußball missfällt, auf RB zu projizieren. Aber viele Fußballfans geraten eben nicht in Verzückung, wenn ein mit offenbar unbegrenzten Mitteln gesegnetes Fußballunternehmen tatsächlich Erfolg hat. Viele Lehrer haben ja auch mehr Respekt vor den guten Noten eines Kindes, dem zu Hause niemand helfen kann, als vor den gleich guten Noten eines Kindes, das schon in der Grundschule Nachhilfe hatte.

Derlei Argumente führt jedenfalls Andreas Hensel gerne an. Den FCK-Fan und Sprecher der bundesweiten Kampagne "Nein zu RB" stört zudem die "undemokratische Struktur des Gebildes" und ein "Transfergebaren, bei dem Spieler zwischen den Standorten Leipzig und Salzburg hin- und hergeschoben werden". Das geschehe auch, um nationale Transferbestimmungen zu umgehen. "Wir wollen einfach, dass es halbwegs fair bleibt." Dass sogenannte Traditionsvereine wie der FCK vor allem wegen eigener Fehler abgestürzt sind, bestreitet Hensel nicht.

Am Freitag trifft RB auf Arminia Bielefeld (18.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE). Sollte Leipzig gewinnen und Nürnberg am Samstag in Braunschweig verlieren, wäre der Aufstieg in die Bundesliga perfekt. Es wäre wünschenswert, dass es dort gesitteter zugeht als am Montag in Kaiserslautern. Dass die Anfeindungen gegen RB in Liga eins aber ganz ausbleiben, ist unwahrscheinlich. Dazu bietet RB nach wie vor zu viel Angriffsfläche.