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Auswertung in den USA Reiche leben länger

Wer wenig Geld hat, muss in den USA - wie in Deutschland - ein kürzeres Leben fürchten. Doch es gibt Hoffnung: Die Kluft könnte in Zukunft kleiner werden.
Ältere Dame nach einem Einkauf

Ältere Dame nach einem Einkauf

Foto: Corbis

Menschen mit einem geringen Einkommen leben oft kürzer als wohlhabende Altersgenossen. Eine Studie hat diesen Zusammenhang für die USA jetzt neu belegt. Zugleich zeigt sie, dass für die Ärmsten die Aussichten auf ein langes Leben in wirtschaftlich schwachen Regionen noch schlechter sind als in Städten mit einer guten Infrastruktur.

Das Forscherteam um den Stanford-Ökonomen Raj Chetty analysierte 1,4 Milliarden Steuer- und Sozialversicherungsdokumente aus den Jahren 1999 bis 2014. Daraus schlossen sie, wie jeweils die Lebenserwartung mit 40 Jahren war:

  • Während die wohlhabendsten fünf Prozent der 40-jährigen US-Amerikanerinnen heute 2,9 mehr Jahre (Männer: 2,3 Jahre mehr) erwarten dürfen als noch 20 Jahre zuvor, stieg die Lebenserwartung der armen Bevölkerung in dieser Zeit wesentlich langsamer und insgesamt kaum messbar.
  • Im zeitlichen Durchschnitt lag der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen dem ärmsten und dem reichsten Prozent der Frauen bei 10 Jahren, bei den Männern sogar bei 15 Jahren.
  • Während das wohlhabendste Prozent der Frauen auf 88,9 Jahre hoffen durfte, waren es bei den ärmsten 78,8 Jahre. Bei den Männern durften die wohlhabenden auf 87,3 Jahre hoffen und die ärmsten auf 72,7 Jahre.

Auch in Deutschland ist die Beziehung zwischen Einkommen und Lebenserwartung messbar: Hierzulande lebt laut Robert Koch-Institut das wohlhabendste Fünftel der Frauen 8,4 Jahre länger als das ärmste Fünftel. Bei den Männern beträgt der Unterschied sogar 10,8 Jahre (lesen Sie hier mehr zur Lebenserwartung in Deutschland).

Arme Menschen profitieren von reichen Städten

Die Veröffentlichung in "Jama"  zeigt zudem, dass die Lebenserwartung der Ärmeren nicht in allen Regionen gleich ist. In San Francisco etwa - einer Stadt voller Parks, mit einem großen Angebot sozialer Hilfsdienste, vielen Rauchverboten und vielen fürs Gemeinwohl eingesetzten Steuergeldern - leben Arme etwa drei Jahre länger als Menschen mit dem gleichen Einkommen in Detroit.

Dieser Unterschied entspreche in etwa dem Ansteigen der Lebenserwartung, wenn Krebs geheilt werden könne, sagt Studienautor Chetty in der "Washington Post"  . "Daran kann man sehen, dass das eine große Sache ist."

Auch in New York haben ärmere Menschen größere Chancen, lange zu leben. Wahrscheinlich profitierten sie im Vergleich zu Bewohnern anderer Städte vom gesunden Lebensstil ihrer Mitmenschen, von der Verbannung ungesunder Transfettsäuren und hohen Tabaksteuern, glauben die Forscher. Die Beispiele zeigen, wie wichtig äußere Faktoren sind, zu denen auch soziale Hilfsangebote und ein funktionierendes Vorschul- und Schulsystem zählen.

Ungleichheiten gehen zurück

Was den Nachwuchs betrifft, macht eine zweite aktuelle Studie zumindest Hoffnung. Darin kommt Princeton-Professorin Janet Currie zum Ergebnis, dass die Ungleichheiten in den USA bei der jungen Generation zurückgehen. Die Kindersterblichkeit habe sich zwischen 1990 und 2010 in den ärmsten Regionen fast halbiert, schreibt sie im Fachmagazin "Science"  . Von 1000 neugeborenen Jungen starben 1990 noch mehr als 18 in den ersten drei Lebensjahren, 20 Jahre später waren es nur noch knapp zehn. "Das legt nahe, dass sich in Zukunft die Ungleichheit bei der Sterblichkeit im höheren Alter verringern dürfte", so Currie.

Trotzdem macht das US-Gesundheitssystem noch immer enorme Unterschiede zwischen arm und reich. Zwar sind die Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit in den USA die höchsten im OECD-Vergleich. Im Jahr 2013 lagen sie bei 16 Prozent des Bruttoinlandprodukts, in Deutschland sind es elf Prozent. Dennoch bleibt manchen Menschen in den USA der Zugang zum medizinischen Fortschritt verwehrt, auch nach der Einführung des neuen Krankenversicherungssystems "Obamacare".

Für die hohen Ausgaben sind stattdessen in erster Linie die immensen Medikamentenpreise verantwortlich, die Pharma-Unternehmen auf dem US-Markt durchsetzen. Selbst Krankenhäuser können kaum Rabatte verhandeln, sondern müssen - etwa für Chemotherapien - oft ein Vielfaches der in Deutschland üblichen Summen bezahlen. Gleichzeitig werden gerade für diese extrem teuren Therapien aufwendige TV-Werbespots geschaltet. Die Zielgruppe: wohlhabende Premium-Versicherte.

irb/dpa

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