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BMW-Putzmittel: Die Bio-Wäsche

Foto: BMW

Bio-Putzmittel fürs Auto Nicht ganz sauber

Mit dem SUV zum Bio-Markt - diese inkonsequente Feel-Good-Geisteshaltung findet immer mehr Freunde. BMW hat für ihre Anhänger nun eine eigene Putzmittel-Produktlinie geschaffen.

"Greenwashing", so nennt man Bemühungen von Unternehmen, die vor allem dazu dienen, in der Öffentlichkeit ein nachhaltiges, ökologisch korrektes Bild der Firma zu erzeugen. Ein grünes Etikett für eine nicht so grüne Firma. BMW hat diese Idee jetzt perfektioniert: Der Autohersteller bietet für seine Fahrzeuge nämlich eine eigens kreierte Produktlinie von Reinigungsmitteln an, mit dem Kunden des Unternehmens Auto und Gewissen reinwaschen sollen. "PureCare inspired by BMW i" heißt sie.

Der Produktname klingt wie für Menschen gemacht, die ein Schnitzel mit Pommes nur dann essen, wenn es als "Filet vom Kalb an ausgebackenen Kartoffelspalten" angepriesen wird. Er schafft geschickt eine Illusion.

Wenn man sich mit Vanessa Schwarzbach, verantwortlich für das Projekt Pure Care, unterhält, wird diese Illusion noch stärker. Plötzlich sind all die Dinge, die dem Autofahren einen schlechten Beigeschmack verleihen, ganz weit weg.

Gutes Gefühl um jeden Preis

"Für unsere Produkte verwenden wir ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe, die aus nichtessbaren Resten der Lebensmittelindustrie gewonnen werden", sagt Schwarzbach. Extrakte von Orangenschalen im Polsterspray oder Bio-Grapefruit im Glasreiniger, Olivenöl in der Lederpflege oder Ingwer im Scheibenklar. Mit Reiniger die Welt retten, das ist hier die Botschaft.

Das gute Gefühl beim Putzfimmel hat seinen Preis: Der Leder-Balsam kostet 15 Euro, der Polsterreiniger 13 Euro oder das Scheibenklar-Spray schlägt mit 8,10 Euro ins Kontor. Dafür handelt es sich bei den Mitteln aber eben auch nicht um Allerwelts-Chemiekeulen aus dem Drogerieregal. Schwarzbach attestiert den Mitteln "hervorragende Reinigungs- und Pflegeeigenschaften, gleichzeitig sind sie biologisch abbaubar und umweltverträglich".

Selbst die Flaschen und Etiketten werden, sagt sie, in besonderen Verfahren mit geringem Wasser- und Energieverbrauch hergestellt. Der automobile Kulturbeutel für den Transport der Car-Kosmetik wird aus Stoff und Lederresten genäht, die bei der Produktion des i3 anfallen.

Kampf hinter den Kulissen

Ohne den i3 gäbe es diese Produkte also vermutlich nicht, und das in doppelter Hinsicht. Denn das Fahrzeug stellt nicht nur die Restmaterialien für das Beutelchen, sondern auch den geistigen Nährboden innerhalb des Unternehmens, auf dem so wundersame Pflänzchen wie das PureCare-Projekt überhaupt gedeihen können.

Denn ja, es gibt bei BMW tatsächlich einen Zweig im Unternehmen, der sich aufrichtig mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit beschäftigt. Viel wurde schon geschrieben über den Kampf der BMW-intern als "die Grünen" verschrienen Fraktion der Progressiven gegen die Traditionalisten. Wer sich am Ende behaupten kann, ist bislang nicht ausgemacht. Denn den Grünen mag irgendwann die Geschichte Recht geben, aber für die Traditionalisten sprechen die Verkaufszahlen: Während die i-Autos eher floppen, brummt das Geschäft mit Autos nach alter Väter Sitte.

Keine ganz neue Idee

Gerne wüsste man, nicht aus Überzeugung, sondern aus reiner Neugierde, was die Altbackenen bei BMW über das PureCare-Projekt denken. Wenn sie Schwarzbach lauschen: Wie sie sich von Homöopathie, alten Hausrezepten und ausgiebigen Streifzügen durch Drogeriemärkte inspirieren ließ und wie schwierig am Ende die Wahl der richtigen Substanzen war: "Geruch und Gefühl müssen zur Sinneswelt der Kunden passen", sagt sie.

"Lavendel zum Beispiel hat zwar eine antibakterielle Wirkung, ist aber vor allem von den männlichen Kunden als ein zu aufdringlicher Duft empfunden worden". Dass Schwarzbach mit ihren Produkten fünfstellige Verkaufszahlen anpeilt und echtes Geld in die Kassen des Unternehmens spülen will, dürfte Menschen, die vor allem den Geruch von verbranntem Benzin lieben, das Ganze nur minimal weniger esoterisch erscheinen lassen.

Dabei ist Schwarzbach mit ihrer Mission nicht allein. "Neu ist die Idee der nachhaltigen Fahrzeugpflege nicht", sagt Franz Fischer, der beim Hersteller Sonax in Neuburg an der Donau das Marketing leitet: "Bei uns steht in der Forschung und Entwicklung einer Rezeptur die Umweltfreundlichkeit genauso im Fokus wie die Wirkung." Dabei spielten die biologische Abbaubarkeit und die Verwendung nachwachsender Rohstoffe eine wichtige Rolle, genau wie der Einsatz umweltgerechter Verpackungen. Fischer nennt als Beispiel das Carnaubawachs. Das wird von einer brasilianischen Palme gewonnen und als Hauptbestandteil in der Lackkonservierung eingesetzt.

Richtiger Einsatz am falschen Ort?

Auch Hans-Georg Marmit von der Sachverständigen-Vereinigung KÜS kann in der Produktoffensive wenig Visionäres erkennen. Angesichts der strammen Preise sieht er in den PureCare-Produkten nicht nur eine Image-Kampagne, sondern vor allem ein attraktives Geschäftsmodell. "Alles, was BMW da zum Einsatz bringt, gehört in die Rubrik der alten Hausmittel", sagt der Experte. "Dafür muss man keine Forscherteams beschäftigen, sondern nur mal seine Großmutter fragen", sagt er.

Zack, das hat gesessen. Wenn Schwarzbach vom Projekt fabuliert, hört sich das ganz anders an. "Mehr als ein Jahr lang haben BMW-Entwickler gemeinsam mit einem lokalen Zulieferer an den Rezepturen gearbeitet, verschiedene Wirkstoffkombinationen getestet und deren Eigenschaften immer wieder in den Labors unseres Forschungszentrums überprüft", preist die Produktmanagerin die Anstrengungen ihres Unternehmens. Ein Dutzend Spezialisten waren damit zu Spitzenzeiten schon beschäftigt, schätzt die BMW-Managerin.

Man kann das als Errungenschaft sehen. Wenn man aber den Fokus aufzieht, weg von der Fahrzeugpflege, hin zu den größeren Problemen, die mit der Produktion und der Nutzung von Autos einhergehen, wenn man an #Dieselgate denkt, in dessen Ruch auch BMW geraten ist, die großen Diskrepanzen zwischen Real und Laborverbrauch, die immer größer und schwerer werdenden Autos, von denen auch BMW eine ganze Latte produziert: Dann fragt man sich am Ende, ob der Einsatz der Ressourcen für eine Feel-Good-Pflegelinie nicht an anderer Stelle nachhaltiger gewesen wäre.

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