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Trotz Widerstands von Mitarbeitern Böhmermann-Video bleibt im ZDF-"Giftschrank"

Trotz Protests von ZDF-Mitarbeitern gegen die Löschung: Jan Böhmermanns Satire über den türkischen Präsidenten Erdogan wird nicht wieder in die Mediathek eingestellt. Das ließ das ZDF in einem Statement wissen.
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Foto: Jens Kalaene/ picture alliance / dpa

Jan Böhmermanns "Schmähgedicht" bleibt gelöscht. Das ZDF wendet sich in einer Stellungnahme gegen den Wunsch eines Teils seiner Redakteure: "Es ist das gute Recht des Redakteursausschusses, diese Meinung zu vertreten. Das ZDF bleibt aber bei seiner Entscheidung, das umstrittene 'Schmähgedicht' nicht mehr zu verbreiten, weil die Passage nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF entspricht."

Der Redakteursausschuss des ZDF hatte am Donnerstagmorgen über die Hauspost einen Brief in allen Büros der ZDF-Zentrale am Lerchenberg in Mainz verteilen lassen.

"Wir würden es begrüßen, wenn die 'Schmähkritik' vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird. Als Dokument der Zeitgeschichte", schreibt das Gremium. Nicht nur bei Böhmermann, auch in der "heute-show", der "Anstalt" oder bei "toll" - einem Satireformat der Investigativsendung "Frontal 21" - würden Politiker notorisch so hart angegangen, dass sie sich beleidigt fühlen könnten, heißt es weiter.

Personen der Zeitgeschichte müssten sich bitterböse Satire auch gefallen lassen. Der Sender habe zweifelsohne einen großartigen Erfolg errungen: "Eine ZDF-Sendung bewegt Regierungschefs und ersetzt ein juristisches Proseminar. Programmauftrag erfüllt", heißt es in dem Brief. Der Preis dafür sei allerdings eine ZDF-Führung, "der teilweise vorauseilender Gehorsam nachgesagt wird" und ZDF-Redakteure, die abgenommene Filme aus der Mediathek nehmen müssten. "War es das wirklich wert?"

Der Fall Böhmermann habe zu Verunsicherung bei den Programmmachern geführt. Über die Qualitätsstandards, gegen die Böhmermanns Gedicht verstoßen habe, und die Frage, wie weit Satire im ZDF gehen dürfe, wünschen sich die Redaktionsvertreter deshalb eine Diskussion mit den "Verantwortlichen des Hauses".

Spätestens kommende Woche wird die Diskussion wohl ohnehin geführt: Für Dienstag hat der Redakteursausschuss in Mainz zur Versammlung eingeladen. Der Titel der Veranstaltung, "Wir sind keine Politaktivisten", ist allerdings ungewollt aktuell: Als die Einladung verschickt wurde, gab es den Fall Böhmermann noch gar nicht. Eigentlich sollte es um Pegida, die AfD und Frauke Petry gehen. "Morgenmagazin"-Moderatorin Dunja Hayali wird auf dem Podium sitzen, der ZDF-Justiziar Benno Schäfer soll über "Menschenrecht, Presserecht, Leitlinien" referieren.

ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler hatte am vorvergangenen Freitag die Löschung von Böhmermanns "Neo Magazin Royale" -Sendung aus der Mediathek angeordnet, nachdem Juristen des ZDF zu dem Schluss gekommen waren, es handele sich bei Böhmermanns Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan um verbotene Schmähkritik.

ZDF-Intendant Thomas Bellut hatte die Löschung öffentlich damit begründet, die Satire entspreche "nicht den Vorstellungen, die wir vom Programm haben". Gleichwohl stehe der Sender zu Böhmermann und zur Satire im ZDF. Erdogan hat über seinen Anwalt Strafanzeige gegen Böhmermann gestellt und ihn aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben - Böhmermanns Anwalt Christian Schertz erteilte dieser Forderung allerdings eine Absage.

Bei der Bundesregierung hat Erdogan zudem ein Ersuchen eingereicht, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts strafrechtlich zu verfolgen.

Im Video: Böhmermann vs. Erdogan

SPIEGEL ONLINE